Der Termin steht fest. Am 21. Dezember 2022 wollen wir in unser neues Zuhause einziehen und in den Süden fahren. Die Wohnung ist vermietet, der Job ist gekündigt. Mittlerweile haben wir einiges an Hausrat verkauft, wobei unsere Vermieter glücklicherweise die ganzen Möbel sowie auch die meisten Küchenutensilien nutzen möchte. 2 Wochen vor der geplanten Abfahrt fällt uns auf, dass der TÜV für unseren Van in 5 Monaten fällig wäre. Sinnvollerwiese wollen wir das noch erledigen, damit wir, wenn wir irgendwann wieder nach Deutschland kommen, nicht sofort an den TÜV denken müssen. Also haben wir einen kurzfristigen Termin bekommen und das Auto dort hingebracht. Bis auf den Scheinwerfer vorne links haben sie nichts zu beanstanden (da ist der Einstellmotor defekt). Kein Problem. Das lassen wir einfach austauschen.
Kein Problem. Von wegen.
Am nächsten Tag holt Jana unseren Brummel von der Werkstatt mit dem neuen Scheinwerfer und der TÜV Plakette. Sofort fällt ihr auf, dass sich der Motor nicht ganz so rund anhört wir sonst immer. Sie denkt sich nichts dabei, fährt einige Meter, es scheppert und klingelt, und nach 500 Metern geht nichts mehr. Ende Gelände.
Sofort läuft sie zurück zur Werkstatt und fragt um Hilfe. Ein scheinbar überforderter Mechaniker schaut sich alles an und stellt schnell die Diagnose: „Motor eingefroren“. Aha. Es hat zwar -15 °C aber so eine kompetenzlose Diagnose habe ich noch nicht gehört. Netterweise lassen sie dann Jana alleine in der Kälte stehen und gehen zu ihrem Tagewerk über. Nach der Frage, ob sie das Fahrzeug wenigstens abschleppen können, kommt die Antwort: „Können wir nicht“. Alles klar, bei euch waren wir das letzte Mal. Danke für nichts.
Ich bin an diesem Tag in Ulm zum Arbeiten und versuche von der Ferne ein Abschleppdienst zu organisieren. Weder der ADAC noch unsere Versicherung ist erreichbar. An dem Tag ist einfach viel zu viel Chaos auf den Straßen. Also versuche ich, einen privaten Abschleppdienst zu organisieren, was auch schnell funktioniert. Wir lassen Brummel zu einer kompetenten Fachwerkstatt abschleppen und bekommen einen Tag später die Diagnose: Zahnriehmen gerissen. Alles komplett im Eimer:
Leider kann die Werkstatt den Motor erst in einigen Monaten austauschen (Fiat Vertragswerkstatt – natürlich wird der Motor austgetasucht und nicht repariert). Kostenpunkt ca. 10.000 €. Preislich und zeitlich kommt das für uns definitiv nicht in Frage und wir überlegen, Brummel zu verkaufen und ein viel günstigeres Fahrzeug ohne schicken Ausbau zu kaufen. Zur Not tut es auch eine Matratze und ein Campingkocher. Aber wir haben noch einen Ass im Ärmel. Mein Onkel ist pensionierter KfZ-Meister und hat unglaublich gute Kontakte von seinem Job. Nach einem Anruf bei ihm organisiert er uns innerhalb von wenigen Stunden einen super Mechaniker, der das Auto über die Feiertage reparieren kann (Motor bleibt drin, nur die defekten und beschädigten Teile werden getauscht), sowie einen Transfer von Brummel dorthin. Besser kann es nicht laufen! Danke nochmal dafür!
Jetzt brauchen wir nur noch eine Bleibe solange das Auto repariert wird. Unsere Mieter haben zwar Verständnis mit unserer Situation aber leider müssen sie auch ausziehen. Zufälligerweise treffen wir den Besitzer der oberen Wohnung, die gerade leer steht. Er bietet uns sofort an, dort zu wohnen. Gleichzeitig schlagen meine Eltern vor, zu ihnen in die untere Wohnung zu ziehen, die seit dem Tod meiner Oma leer steht. Es ist echt wundervoll, wenn man mal in einer Notsituation ist, wie viele Menschen einem helfen wollen! Das bestärkt einen darin, vor nichts Angst im Leben haben zu müssen. Auch wenn es mal nicht so gut läuft, ist man nie auf sich selbst gestellt, sondern es gibt immer hilfsbereite Menschen. Ob Familie, Freunde, Bekannte oder sogar ganz fremde Menschen. Was einem aber dann doch nicht immer so leicht fällt, ist es die Hilfe auch anzunehmen.
Wir beschließen, nach Oberreichenbach zu meinen Eltern zu ziehen und genießen die Zeit mit Familie und Freunde. Vor unserem angesetzten Abreisetermin am 21. Dezember hatten wir uns nacheinender, über mehrere Wochen hinweg, mit Freunden und Familie getroffen und mit ihnen Zeit verbracht. Alle dachten, das war das letzte Mal für eine längere Zeit, dass wir uns sehen würden. Jetzt haben wir nochmal sehr viele gesehen und eine tolle Zeit gehabt. Tja – Erstens kommt es anders, und Zweitens als man denkt. In vielen Dingen, die erstmal Stress, Umstände und Ärger auslösen, stecken oft auch positive Dinge, wenn auch zeitlich versetzt. Vor allem wenn man sich nicht krampfhaft an irgendwelche Vorstellungen oder Erwartungen klammert, sondern in das Leben vertraut.
Nach 4 Wochen kommt dann schließlich die Nachricht: Brummel läuft wieder! Der Motor ist im wahrsten Sinne des Wortes wie Neu und schnurrt wie ein Kätzchen. Einen Tag später holen wir ihn ab und für den nächsten Tag steht unsere lang ersehnte Abfahrt an. Am 24. Januar 2023 geht es endlich los!
Wir wussten, dass Abenteuer auf uns warten. Aber das uns etwas noch Herausforderndes, als mit einem Motorschaden ins Vanlife zu starten bevorsteht, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht…